Ernst Dorfner
Vom Warenmarkt zum Finanzmarkt
Voraussetzungen und Prozesse der Geldwirtschaft
Inhalt
Die Vorfinanzierung in Geld wird nur deshalb möglich, weil Unternehmen ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ in Form von Aktien gegen Geld an Vermögenseigentümer verkaufen. Die Vermögenseigentümer werden dadurch zu Kapitalgebern. Sie werden es aber nur solange, wie sie sicher sind, diese Verträge teurer verkaufen zu können, als sie sie gekauft haben. Die Unternehmen, die so zu Kapitalgesellschaften werden, sind so in der Lage, Forderungen gegen sich selbst auszustellen, die von den Geschäftsbanken und der Notenbank gegen Kredit und damit gegen zusätzliches Geld eingelöst werden. Sie sind also in der Lage, sich zu verschulden. Dabei verpfänden sie das Eigenkapital, bzw. genauer, die mit dem Eigenkapital erworbenen Vermögenswerte als Sicherstellung des Kredites.
A. Systemische Voraussetzungen
0. Lohnarbeit (Erwerbsarbeit) setzt die Geldwirtschaft voraus
Es gibt Lohnarbeit nur solange, wie sich Vermögenseigentümer
finden, die bereit sind, Lohnarbeit in Geld vorzufinanzieren.
1. Eigentum und Vermögen - Geldwirtschaft als Vertragswirtschaft
Vermögen äußert sich in der Eigentumsgesellschaft
in Forderungen und ‘Verträgen auf Erfüllung in Zukunft’ und nicht
so sehr in direktem materiellen Besitz. Diese Verträge können
nur dann in Geld verwandelt werden, wenn und solange es dritte Personen
gibt, die bereit und fähig sind, diese Verträge gegen Geld anzukaufen.
Dem Geld selbst steht eine Forderung (Verschuldung) gegenüber.
2. Eigentum und Geld
Die Vorfinanzierung in Geld wird nur deshalb möglich,
weil Unternehmen ‘Verträge auf Erfüllung in Zukunft’ in Form
von Aktien gegen Geld an Geldvermögenseigentümer verkaufen.
B. Systemische Prozesse
3. Geld und ökonomische Dynamik
Da wegen des Gewinnaufschlages die Preise der am Markt
angebotenen Konsumgüter höher sind als deren Kosten, können
die Beschäftigten in der Konsumgüter-Produktion ihr ganzes Produkt
nicht selbst kaufen. Zwangsläufig bleibt davon ein Teil für die
zusätzlich in der Investitionsgüterindustrie Beschäftigten
übrig, die diesen Rest mit ihrem Einkommen kaufen. Für dieses
Einkommen ist zusätzliches geld erforderlich, daß aus den für
Netto-Investitionen aufgenommenen Krediten kommt.
4. Wettbewerb und Wachstum
Ein Gutteil des einzelunternehmerischen Gewinnes stammt
nicht aus dem Wettbewerb, sondern aus dem Wachstum der Wirtschaft zufolge
Netto-Investitionen. Diese Alimentierung des Gewinnes aus dem Wachstum
führt zu einem positiven Gewinnsaldo. Dieser mildert den Wettbewerbsdruck
C. Historische Prozesse
5. Die Wachstumsphase: Das Vordringen der Erwerbsarbeit
Solange die Konsumgüterindustrie in den noch vorhandenen
Subsistenzsektor hinein sich ausbreiten und neue Konsumbedürfnisse
entwickeln kann und sich dabei Möglichkeiten für Erweiterungsinvestitionen
finden, wird eine positiver Gewinnsaldo gesichert sein. Liquides wird in
gebundenes Eigentum verwandelt.
6. Die Schrumpfungsphase:
Von der Erwerbsarbeit zurück zur Taglöhnerei
Mit sinkender Nachfrage nach Konsumgütern können
die einzelnen Unternehmen die hohen Kosten der Rationalisierungsinvestitionen
immer weniger durch gleichzeitige Steigerung der abgesetzten Stückzahlen
verdienen. Rationalisierungsinvestitionen werden durch ‘Rationalisierungen
ohne Investitionen’ abgelöst. Das Angebot an Erwerbsarbeit sinkt kontinuierlich.
7. Sicherung des gebundenen Eigentums
Mit dem Rückgang an Realinvestitionen geht es immer
weniger um die Schaffung von neuem gebunden Eigentum in Form von Realvermögen,
sondern immer mehr um die Sicherung des bereits investierten und daher
nichtliquiden Eigentums.
8. Die Verwandlung von Geldvermögen in Finanzvermögen
Das bei den reichen Haushalten sich bildende Geldvermögen
fließt in die Unternehmen zurück, wenn sich diese in der Folge
eines Rückkaufes ihrer gesamten Aktien zu einer Neuemission zu einem
Kurs nahe dem Ankaufkurs entschließen. Damit erfolgt eine Aufstockung
des Eigenkapitals und gegengleich eine Reduzierung der Fremdmittel, während
die Privathaushalte ihr Geldvermögen in Finanzvermögen verwandeln.
9. Spekulative Finanzmarktgeschäfte
Als die maßgeblichen Käufer bzw. Verkäufer
von Aktien sind die Fondsmanager genötigt, in der Baisse mit ihrem
Verhalten einen allgemeinen Absturz der Aktienkurse hintanzuhalten. Das
unkontrollierte Abstoßen von Aktien würde einen Verkaufsrun
der eigenen Fondspapiere initiieren, der zwangsläufig in der Zahlungsunfähigkeit
der Fonds mündete.