Liebe Diskutanten,

soweit ich Eure/Ihre Beiträge mitbekommen habe, hatte ich den Eindruck, dass sich die Diskussionen allzusehr in theoretischen Gefilden bewegen und dass ihnen eine stärkere Einbeziehung der Realitäten gut tun würde.
 
 

Zum Thema Rolle und Bedeutung der Notenbank-Kredite:

Hier sollte man grundsätzlich die konkreten Größen immer mit in die Überlegungen und Argumentationen einbeziehen, womit sich z.B. ergibt,

- dass die Kredite der Deutschen Bundesbank an die Geschäftsbanken Ende 1999 mit 92 Mrd Euro nur bei drei Prozent der normalen Bankkredite lagen (3132 Mrd) und bei zwei Prozent der Gesamtverschuldungen in der Volkswirtschaft (5200 Mrd Euro).

- dass diese Kredite der Bundesbank, gemessen am Sozialprodukt, in den letzten 50 Jahren mit durchschnittlich 4 Prozent praktisch gleich hoch blieben, während die normalen Bankkredite von 28 auf 162 Prozent und die Gesamtverschuldungen in der Wirtschaft von 60 auf 275 Prozent des BIP angestiegen sind,

- dass das von der Bundesbank herausgegebene Bargeld (1999 = 134 Mrd Euro) nur knapp zur Hälfte über Kredite in Umlauf gekommen ist, das in den 11 Euro-Ländern insgesamt herausgegebene Bargeld sogar nur zu einem Drittel,

- dass diese Geldausgabe über Kredite an die Banken so lange erforderlich ist, wie es keine zinsunabhängige Umlaufsicherung gibt und die Notenbanken versuchen müssen, über die Geldmarktzinsen die Geldhaltung und indirekt darüber die Geldmenge zu beeinflussen,

- dass die Steuerung der Geldmenge, neben der Geldvermehrung, auch laufende Geldverminderungen erforderlich macht, was nur über eine leihweise Ausgabe des Geldes möglich ist,

- dass z.B. die EZB aus diesem Grund jede Woche rund ein Drittel der gesamten Kredite einzieht und - mit veränderten Mengen- und ggfs. auch Zinskonditionen - wieder ausgibt.
 
 

Zum Thema Verzinsung der Notenbank-Kredite:

Wie bei den vorgenannten Bestandsgrößen, wird auch die Bedeutung der Zinsbelastungen aus den Notenbankkrediten meist überschätzt. So ergibt die Überprüfung der tatsächlichen Größen z.B.:

- dass die Zinszahlungen der deutschen Banken an die EZB 1999 mit 3,3 Mrd Euro nur ein Hundertstel der 320 Mrd Euro ausmachten, die von der deutschen Wirtschaft an die Geschäftsbanken als Zinsen gezahlt werden mussten,

- dass die ebenfalls kreditfinanzierten Mindestreserven (in Deutschland 33 Mrd Euro, in den Euro-Ländern insgesamt 107 Mrd Euro) praktisch zinsfrei sind, weil die damit gebildeten Zentralbankgeld-Guthaben von der EZB wiederum verzinst werden, und - was vor allem immer beachtet werden sollte -

- dass die an Bbk bzw. EZB gezahlten Zinsen in die Staatshaushalte fließen und damit der Allgemeinheit zugute kommen, während die vielmals größeren Zinszahlungen innerhalb der Wirtschaft immer von der Arbeit zum Besitz hinfließen.
 
 

Zum Thema Ausgabe des Geldes an den Staat

Diese Lösung wird in der letzten Zeit wieder häufiger andiskutiert und von manchen sogar als eine Finanzierungsmöglichkeit für staatliche Ausgaben angedacht. Dabei ist jedoch zu beachten,

- dass auch dieser Verteilungsweg an den Banken vorbei erst dann möglich wird, wenn durch eine zinsneutrale Umlaufsicherung der Faktor Geldumlauf zu einer stabilen Größe geworden ist und die zuständige Notenbank (oder das Währungsamt) nur noch die Geldmenge anhand des Preisindexes zu korrigieren braucht,

- dass auch das Geld an den Staat nicht als eine Summe oder gar feste Größe p.a. ausgezahlt werden kann, weil zur Stabilerhaltung der Kaufkraft die Geldmenge laufend in kleinen Dosen korrigiert werden muss,

- dass auch eine Neugeldausgabe an den Staat nur auf dem Kreditweg möglich ist, weil die Notenbank oder das Währungsamt ständig über die Möglichkeit des Geld-Zurückforderns verfügen muss,

- dass eine Finanzierung bestimmter staatlicher Ausgaben über die Neugeldausgabe alleine schon aus größenmäßigen Gründen illusorisch ist, da z. B. in Deutschland die Ausweitung der Bargeldmenge mit 3-6 Mrd Euro jährlich nur rund ein Prozent der Staatsausgaben und weniger als ein halbes Prozent der öffentlichen Verschuldungen ausmacht, und schließlich darf auch nicht vergessen werden,

- dass es in einer gesättigten Wirtschaft gar keine Ausweitungen der Geldmenge mehr geben wird und damit auch keine Verfügbarkeiten für den Staat.
 
 

Zum Thema Geldausgabe an die Bürger:

Auch bei dieser zweifellos sympathischen Regelung muss man immer die Größen im Auge haben und beispielsweise beachten,

- dass die Geldvermehrung in Deutschland, auf die Bevölkerung umgerechnet, nur einen Betrag von 40 bis 75 Euro pro Kopf und Jahr ergeben würde,

- dass auch bei diesem Verteilungsweg der geringe Jahresbetrag auf viele kleine Einzelbeträge zu unregelmäßigen Zeitpunkten verteilt werden müsste,

- dass eine Rückforderung des Geldes in solch kleinen Beträgen kaum möglich und von der Kostenseite geradezu absurd sein würde, und

- dass der erforderliche rasche Einsatz der Gelderweiterungen für Nachfragezwecke bei dieser Pro-Kopf-Verteilung überhaupt nicht gesichert (siehe Japan!) und deshalb wohl nur die Ausgabe über den Staat praktikabel wäre, der sowohl zur direkten Ausgabe wie auch zur Reduzierung seiner Nachfrage verpflichtet werden könnte.
 
 

Und zum Thema Aufgaben der Banken und der Notenbanken:

Auch hier sollte man sich immer an den wirklichen Vorgängen und Größenordnungen orientieren, denn dann wird deutlich,

- dass man zwischen den Aufgaben der Banken und Notenbanken ähnlich präzise unterscheiden muss, wie zwischen Geld und Guthaben,

- dass die Hauptaufgabe der Notenbanken darin besteht, die Wirtschaft mit Geld zu versorgen, die der Geschäftsbanken dagegen, die Ersparnisse über Kredite wieder in den Kreislauf zurückzuführen,

- dass diese Rückführung nicht nur im Interesse der Banken ist, sondern auch im Interesse der gesamten Gesellschaft, da es ohne diese Rückführung zu deflationären Geldmangelerscheinungen kommen würde,

- dass sich die Ersparnisse und damit die Kredite in der Wirtschaft völlig unabhängig von der umlaufenden Geldmenge vermehren oder vermindern können (so nahmen z.B. 1997 in Deutschland die gesamten Guthaben und Schulden bei unveränderter Bargeldmenge um rund 200 Mrd Euro zu), da das umlaufende Geld nach Belieben sowohl immer wieder für Käufe als auch für Spenden, Ersparnisse und Tilgungen verwendet werden kann.
 
 

Zum Thema fehlendes Geld für Zinszahlungen:

Auch die in diesem Zusammenhang oft geäußerte Ansicht, dass in der Wirtschaft das Geld für die Zahlung der Zinsen fehlen würde, entpuppt sich bei genauer Betrachtung als Flop. Denn geht man wieder den Fakten nach, dann stellt sich heraus,

- dass sich durch die Zinszahlungen die Geldmenge genau so wenig vergrößert oder verringert wie durch alle anderen Zahlungen, gleichgültig ob für die Mieten (die ja zu zwei Dritteln aus Zinsen bestehen) oder für die Frühstücksbrötchen, in denen überwiegend Arbeitslohn steckt,

- dass sich durch die laufenden Zinszahlungen nur die Einkommen in der Gesellschaft von der Arbeit zum Besitz verschieben und damit die Möglichkeit der von dieser Verschiebung profitierenden Minderheit, noch mehr Geld gegen Zinsen anzulegen,

- dass diese Verschiebung der Einkommen wiederum den Zwang zu einer immer höheren Verschuldung und zu einer dauernden Steigerung der Wirtschaftsleistung nach sich zieht, was am Ende den sozialen oder ökologischen Kollaps unvermeidbar werden lässt,

- dass sich durch eine zins- oder schuldenfreie Ausgabe des Notenbankgeldes an diesen vorgenannten Tatbeständen und Entwicklungen so wenig verändert, wie die Nichtausgabe neuen Geldes in Deutschland 1997 etwas daran verändert hat.
 
 

Und zur Grafik "Schuldenautomat" von Gerhard Margreiter:

Diese auf den ersten Blick optisch und farblich sehr ansprechende Grafik ist in ihrer inhaltlichen Aussage jedoch äußerst fragwürdig und in vieler Hinsicht irreführend. Das gilt nicht nur für die wieder fehlenden Größenbezüge zur Wirklichkeit, sondern auch für die dargestellten Abläufe. So fällt z.B. auf,

- dass es in der Grafik überhaupt keine Verbindung zum eigentlichen Geldkreislauf in der Wirtschaft gibt und die Schulden anscheinend in sich selbst kreisen,

- dass die Schulden aus einem `unterirdischen Schuldensumpf' hochgepumpt werden in den sie mit den Tilgungen auch wieder zurückfließen, und dabei lediglich ein kleiner Teil jedesmal in ein `Sparbassin' fließt, um sich dort anzusammeln,

- dass diese dargestellte Schuldenpumpe demnach so lange laufen kann, bis der `Sumpf' leer ist und es nur noch Ersparnisse gibt, was zwar eine äußerst erfreuliche aber kaum realistische Entwicklung sein dürfte,

- dass bei einem solchen Umfüllen von einem Behältnis in ein anderes der Begriff `schöpfen' (= umschöpfen) durchaus akzeptabel ist, aber nicht im Sinne einer Schöpfung aus dem Nichts, und schließlich noch,

- dass der dargestellte Ablauf, nach dem die Schulden den Ersparnissen vorausgehen, die tatsächlichen Gegebenheiten auf den Kopf stellt.
 
 

Dabei ist der gesamte Geldkreislauf einschließlich der Kreditentwicklungen ganz einfach zu beschreiben und auch nachzuvollziehen, wenn man den Abläufen, unter Beachtung der realen Größen, einmal nachgeht:

So werden z.B. in Deutschland, basierend auf den von der Bundesbank ausgegebenen und immer wieder erneut revolvierend eingesetzten 250 Mrd DM Bargeld, im Laufe eines Jahres volkswirtschaftliche Leistungen von rund 4.000 Mrd DM erzeugt, aus denen ein Volkseinkommen von 2.900 Mrd und ein verfügbares Haushaltseinkommen von 2.500 Mrd resultiert. Aus diesem Einkommen zweigen die Haushalte wiederum etwa 250 Mrd DM Ersparnisse ab, die von den Banken über Kredite wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück geschleust werden. Im Umfang dieser Ersparnisbildungen und Kreditvergaben wachsen dann die Geldguthaben und Schulden ebenso an, wie im Umfang der Käufe der Konsum, die Gebrauchsgüter und die Investitionen in der Wirtschaft.

Dass dabei die Entwicklungen im Bereich der Guthaben und Schulden rascher zunehmen als die realen Werte in der Wirtschaft, und dass die Ursache dieser Überentwicklung im Zins- und Zinseszinseffekt liegt, darin sind wir uns sicher alle einig. Wahrscheinlich sind wir uns auch einig, dass zur Überwindung dieses Problems nur eine Absenkung der Zinsen helfen kann und dass diese Absenkung nur durch eine Umlaufsicherung des Geldes möglich sein wird. Darum sollten wir auch mit unseren gemeinsamen Bemühungen an diesem Punkt ansetzen und unsere Kräfte nicht in nebensächlichen oder unrealistischen Theoriefeldern vertun.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

(langer Text)

Liebe Diskutanten,

ich habe zwar bislang nur ab und zu einige Eurer/Ihrer Beiträge zu Gesicht bekommen, dabei aber häufig den Eindruck, dass sich die Diskussion allzusehr in theoretischen Gefilden bewegt und die Einbeziehung konkreterer Daten und Ablaufinformationen den weiteren Befassungen gut tun würde. Das gilt z.B. für die immer wieder aufkommenden Klagen über die zinsbelasteten Geldausgaben der Notenbanken oder die angeblichen Kreditschöpfungen der Geschäftsbanken. Deshalb möchte ich nachfolgend einige Fakten und Vorgänge zu den unterschiedlichen Aufgaben und Gegebenheiten im Bereich der Noten- und Geschäftsbanken in die Diskussion einbringen, einschl. der dahinter stehenden Größenordnungen, Relationen und Entwicklungen.
 
 

A. Unterschiedliche Aufgaben

Wie zwischen Geld und Guthaben, muss man auch zwischen Noten- und Geschäftsbanken strikt unterscheiden, wenn man nicht ins Schleudern geraten will. Das gilt sowohl bezogen auf die Aufgaben beider Institutionen als auch deren Abwicklungen:

Hauptaufgabe der Notenbanken ist die Versorgung der Wirtschaft mit Geld, Hauptaufgabe der Banken die Versorgung mit Krediten. Mit diesen Krediten werden die Ersparnisse, die mit Hilfe des Notenbankgeldes geschaffen wurden und laufend geschaffen werden, immer wieder in den Kreislauf zurückgeführt. Oder wie es EWI und EZB formulieren: Die Aufgabe der "Monetären Finanzinstitute" (MFI's) besteht darin, "Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren".

Die Geldversorgung bzw. -mengensteuerung durch die Notenbanken erfolgt über An- bzw. Verkäufe von Werten am Offenen Markt und/oder über Kredite an die Geschäftsbanken. Da z.B. bei der EZB jede Woche etwa ein Drittel des über Kredite ausgegebenen Geldes fällig wird, bestehen laufende Möglichkeiten zur Korrektur der Mengen wie der Konditionen.

Die Banken fragen ihrerseits Zentralbankgeld einmal nach, wenn sie ihre Zentralbankgeld-Giroguthaben auffüllen wollen (bzw., da identisch mit den Mindestreserven, diese auffüllen müssen!). Diese Zentralbankgeld-Girokonten benötigen die Banken zur Abedeckung ihrer laufenden Verrechnungen mit anderen Banken, die nur dann die Überweisung eines Kunden akzeptieren, wenn sie mit Zentralbankgeld gedeckt ist.

Zum zweiten fragen Banken Zentralbankgeld bei den Notenbanken nach, wenn die Bargeld-Abhebungen der Kunden am Bankschalter die laufenden Einzahlungen übersteigen. Ist es umgekehrt, bzw. lassen Kunden zunehmend Teile ihrer Einkünfte auf den Konten stehen, können und müssen die Banken neue Kreditnehmer suchen. Das ist nicht nur in ihrem Interesse zur Vermeidung von Verlusten erforderlich, sondern auch im Interesse der Gesamtwirtschaft, in der es ohne diesen Rücktransfer zu Geldmangel mit deflationären Folgen kommen würde.

(Vor diesem Hintergrund des ständigen Geldumlaufs über Erparnisse und Kredite, kommt auch die neue Grafik von Gerhard Margreiter der Wirklichkeit etwas näher. Sogar der Begriff `Schöpfung' wird dann akuzeptabel, wenn man damit eben das Ausschöpfen des `Geldsees' im unteren Teil der Grafik meint.)

Banken und Notenbanken benutzen bei ihren Handlungen zwar das gleiche Medium, aber die damit getätigten Vorgänge laufen weitgehend unabhängig voneinander ab. Da die gleiche Geldmenge innerhalb der Wirtschaft immer wieder erneut zum Kaufen, Verschenken, Sparen, Verleihen oder Tilgen benutzt werden kann und die Ersparnisbildungen die Abhebungen tendentiell übersteigen (alleine schon durch den Zins- und Zinseszinseffekt!), kommt es auch bei unveränderter umlaufender Geldmenge zu einem ständigen Anstieg der Guthaben und Kredite, weit über das Wachstum der Wirtschaft hinaus. Umgekehrt kann es auch zu Ausweitungen der Geldmenge durch die Notenbanken kommen, ohne dass Ersparnisse und Kredite dadurch wesentlich beeinflusst werden.

Als Folge dieser Unterschiede nehmen langfristig betrachtet die Bar- bzw. Zentralbankgeldmengen in etwa im Gleichschritt mit der nominellen Wirtschaftsleistung zu, während die Geldguthaben und Kredite in der Wirtschaft dagegen überporpotrional wachsen.
 
 

B. Unterschiedliche Größenordnungen der Kredite

Zieht man zum Nachweis dieser unterschiedlichen Größen und Entwicklungen einmal Zahlen aus den Euroländern heran, dann ergeben sich, bezogen auf das Jahr 1998 und in Mrd Euro, folgende Relationen:

                           Euroländer      davon         übrige
                           gesamt:         Deutschland   Euro-Länder

                           Mrd Euro        Mrd Euro      Mrd Euro

EZB-Kredite:                215              92           123
Bankkredite:               8193            3132          5007
z. Vergleich BIP:          5869            1931          3938
EZB-Kred.in % BIP:         3,7%            4,8%          3,1%
Bankkred.in % BIP:         139,6%          162,2%        127,1%
Verhältnis EZB-
zu Bankkrediten:           1 : 38          1 : 34        1 : 41

Die Tabelle zeigt zuerst einmal die geringe Höhe der EZB-Kredite, sowohl gemessen an der Wirtschaftsleistung als auch dem Umfang der Bankkredite. Die Wirkungen der zinsbelasteten Notenbankkredite spielen also kaum die Rolle, die ihnen von manchen zugeteilt wird.

Die separate Aufnahme der deutschen Zahlen lässt erkennen, dass die relative Belastung durch Notenbankkredite in Deutschland höher ist als in den anderen Euro-Ländern. Ursache sind die überhöhten Bargeldausgagen, vor allem als Folge der DM-Haltungen in Osteuropa, die rund ein Drittel der Bargeldmenge umfasst. Diese Überhöhung wird noch deutlicher, wenn man die vorgeschriebenen Mindestreserven bzw. Zentralbank-Girokontenbestände aus der EZB-Verschuldung herausrechnet:

                         Euroländer     davon          übrige
                         gesamt:        Deutschland    Euro-Länder

                         Mrd Euro       Mrd Euro       Mrd Euro

EZB-Kredite:             215             92            123
./. Mindestreserve:      107             33             74
= Bargeldkredite:        108             59             49
Bargeldmenge:            350            130            220
Verteilung Bargeld:      100%           37%            63%
davon kreditfinanz.:     31%            45%            22%
kreditfrei in Umlauf:    69%            55%            78%

Die prozentualen Verteilungszahlen zeigen einmal, dass das Gros des Bargeldes kreditfrei in den Umlauf gekommen ist, ist in Deutschland mehr als die Hälfte, in der Gesamtheit aller Euro-Länder sogar mehr als zwei Drittel. Außerdem ist zu beachten, dass die Auffüllungen der Mindesteserven zwar mit Zinsen bedient werden müssen, die gehaltenen Bestände jedoch wiederum als Guthaben von der EZB verzinst werden, sodass diese Bestände praktisch zinsfrei sind und die hier angeführten Gesamtzinszahlungen um diesen Anteil reduziert werden müssen.

Aber auch wenn man dies außer acht lässt, sind die Zinsbelastungen aus den Notenbankkrediten äußerst niedrig. Das spiegelt sich in dem folgenden Größenvergleichen wider, die mir allerdings nur für Deutschland vorliegen:

So lagen die inländischen Zinserträge der Bundesbank 1998 bei 3,3 Mrd Euro (6,5 Mrd DM), während die deutschen Geschäftsbanken Zinserträge von 308 Mrd Euro (605 Mrd DM) verbuchen konnten. Das heisst, die Zinsbelastung der deutschen Wirtschaft war im Zuge der aufgenommenen Kredite bei den Geschäftsbanken 93mal(!) höher als die mit der Bargeldversorgung verbundenen Zinsbelastung! Außerdem ist zu beachten, dass die an die Bundesbank gezahlten Zinsen, nach Abzug der Bundesbankkosten, an den Staat fließen und damit der Allgemeinheit zugute kommen, während die Zinzahlungen in der Wirtschaft bekanntlich immer von der Arbeit zum Besitz fließen und damit tendentiell von Arm zu Reich.

C. Unterschiedlichkeit der Kredit- und Zinslastentwicklung

Auch hier schafft ein Vergleich der Zahlen Klarheit, wobei sich diese auf die Entwicklungen in Deutschland stützen, bezogen auf den Zeitraum von 1950 bis 1998:

                       Verschuldungen in Deutschland in Mrd DM

                          1950            1998          Anstieg:
                       Mrd DM % Bip    Mrd DM % BIP     1950/98

Unternehmen:             44   45%       7091  129%        x 161
Öffentl. Haushalte:      21   21%       2394   64%        x 114
private Haushalte:        1    1%        417   11%        x 417
Gesamtverschuldung:      66   67%       9902  271%        x 150

Zum Vergleich:
BIP:                     98  100%       3754  100%        x 38

Verschuldung der
Banken bei der BBK:     6,5    7%        213    6%        x 33
 

Während also die Gesamtverschuldung in Deutschland zusammen mit den Geldvermögen in den 48 Jahren auf rund das 150fache anstieg und damit rund vier Mal mehr als das Sozialprodukt, nahm die Verschuldung der Banken bei der Bundesbank nur auf das 33fache zu, und damit sogar geringer als das Sozialprodukt.
 
 

D. Die Geldausgabe an den Staat statt an die Geschäftsbanken

Dieser Geldausgabeweg, den auch Gesell im Auge hatte, ist erst dann praktikabel, wenn der Geldumlauf verstetigt ist und die Notenbank oder das Währungsamt anhand des Preisindixes nur noch die Menge korrigieren braucht. Solange diese Verstetigung nicht gegeben ist, müssen die Notenbanken über den Umweg der Zinsbeeinflussung die Geldhaltung und damit die Geldmenge zu steuern versuchen. Das aber ist nur durch ein ständiges Abtasten des Marktes mit laufenden Korrekturen der Mengen und Konditionen über Kredite an die Banken möglich. Deshalb zieht die EZB z.B. jede Woche rund ein Drittel der gesamten Zentralbankgeld-Kredite ein um sie mit neuen Konditionen und korrigierten Mengen wieder auszugeben. Dass trotzdem die Ergebnisse unbefriedigend sind, hängt mit dem unzulänglich gesicherten Geldumlauf über Zinsänderungen zusamenn, der erst durch eine konstruktive Umlaufsicherung überwunden werden kann.

Aber auch nach Einführung einer solchen Umlaufsicherung kann die Notenbank oder das Währungsamt nicht nur mit einer einmaligen Mengenkorrektur die Stabilität der Kaukfraft erreichen. Vielmehr muss sie das laufend in kleinen und unterschiedlichen Dosen tun. Und da es dabei nicht nur um Vermehrungen der Geldmenge geht sondern auch um Verminderungen, muss sie auch eine Möglichkeit der Geldmengenreduzierung haben. Diese lässt sich nur über den Staat abwickeln, der alleine zu einer umgehenden Ausgabe neuen Geldes verpflichtet werden kann wie auch zu einer umgehenden Ausgabe-Reduzierung. Über laufende Veränderungen der Steuern lassen sich solche relativ geringen Korrekturbeträge nicht abwickeln. Außerdem ist nicht gesichert, dass die Bürger Steuernachlässe auch für Mehrausgaben einsetzen würden, wie wir in diesen Jahren zur genüge in Japan erlebt haben.

Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch Geldmengenverteilungen an die Bürger aus, so sympathisch dies auch erscheint. Bedenkt man, dass in Deutschland die jährlichen Ausweitungen der Bargeldmenge in den letzten Jahren bei etwa 8 Mrd DM und damit 100 DM pro Kopf der Bevölkerung gelegen haben, dürfte sich auch dieser Traum in Wohlgefallen auflösen. Das vor allem, wenn man berücksichtigt, dass dieser Betrag in vielen kleinen Beträgen übers Jahr hinweg ausgegeben und z.T. auch zwischendurch wieder eingezogen werden müsste.

In diesem Sinne viel Spaß beim Weiterdiskutieren!

Helmut Creutz